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Der Vermieterin schwimmen die Felle eins nach dem andern davon

gericht

Eine einfache Mietzinsreduktion entwickelt sich langsam zum Desaster für die Immobilienbesitzerin. Und sie hat es langsam begriffen. Die verpassten Chancen, die versuchten Tricks und die letzten Bluffversuche, bevor das Schiff untergeht. Teil 3 einer zähen und lautlosen Schlacht.

Worum gehts

Ende März habe ich eine Mietzinsreduktion beantragt, die Verwaltung hat sie mir verweigert mit einem Hinweis auf «allgemeine Kostensteigerung». Das habe ich nicht akzeptiert. Im Schlichtungsverfahren kamen wir zu keiner Lösung (ich hätte 5-6 Franken von 34 «geschenkt», sie wollten die Hälfte behalten, ich sagte nein). Daraufhin reichte ich Klage ein, und die Sache ist bei den Anwälten.

→ Teil 1: Allgemeine Kostensteigerung: Einsprache erheben
→ Teil 2: Die faulen Tricks

Die Verwaltung meiner Wohnung hat ihre Verantwortung abgegeben. Seit September hat eine Anwältin das Mandat direkt von der Immobilienbesitzerin, einer Pensionskasse, erhalten, um deren Interessen zu wahren.

Und wenn du mich fragst: Es ist ein ganz einfacher Job. Fertig gepokert. Schmeiss deine Karten weg. Zahlen, was zu zahlen ist, und gut is'.

Aber das tun sie nicht, zumindest nicht so ganz ohne Widerstand. Jetzt wird doch noch ein bisschen gepokert. Ehrlich: Eigentlich sollten die Beklagten passen. Weil jede Erhöhung, jeder Raise, auf ihre Kosten geht, und sie wissen langsam, dass diese Runde nur einen Sieger haben kann. Sie wissen das, ich weiss das, ihre Anwältin, meine Anwältin, das Gericht und von Anfang an auch die Schlichtungsbehörde. 

Oder? Weiss ich das nun doch nicht so genau? Wissen die, was ich weiss? Können die was dran rütteln? Kann diese Anwältin noch neue Zweifel streuen? 

Dazu gibt es eine Strategie: Mach ein Angebot mit unmerklich Etikettenschwindel. Biete strahlend zum Handschlag auf eine scheinbar faire und gerechte Lösung an, und mit der Linken greifst du noch insgeheimn nach jedem Franken, der noch nicht definitiv verloren ist.

Das fast verlockende Angebot

Das Angebot kam zunächst als demütige, unverbindliche Anfrage Ende Oktober daher. Da fragte M.K., gegnerische Anwältin im betrauten Fall, ob ich vielleicht zu einer aussergerichtlichen Verhandlung bereit wäre. Sie tut so als ob: Fragen kostet ja nichts. Nicht, dass wir das hoffen oder froh wären: nur einfach so, der Vollständigkeit halber. Usus, Anwaltskram, Berufskrankheit, Macht der Gewohnheit, eigentlich gar keine Absicht, aber frage trotzdem.

zonk

Du möchtest dann entgegnen: Wozu war denn die Schlichtungsverhandlung eigentlich gedacht? Warum habt ihr da nicht mitgemacht? (ich berichtete im Teil 2) Und jetzt, so ganz beiläufig, haben sie offenbar gemerkt, wer den Zonk gezogen hat. Wie peinlich. Weil jetzt erst fallen die fetten Kosten an: Anwälte kosten. Ihre Anwältin, aber auch meine. Und das Gericht kostet. Und die Buchhaltung der Immobilienbesitzerin kostet, wenn sie aktiv werden muss. Darum juckt es langsam.

Es juckt so richtig. Wenn nämlich der Mieter auf sein Recht beharrt, krächzt der Zonk.

Weil ich den Zonk eigentlich noch lustig fand, antwortete ich Anfang November: Gebt meiner Bitte um Mietzinsreduktion vollumfänglich statt.

Neuer psychologischer Trick. Auch mit dem Gefühl: Usus, Berufskrankheit, Macht der Gewohnheit. Eigentlich gar keine Absicht.

Der Trick: Die Antwort liess auf sich warten. Lange. Aber du weisst dann: Das ist auch Teil des Bluffs. In dieser Zeit, wo ich auf die Antwort warte, könnte ich ja Zweifel bekommen. Was tun sie denn, rechnen die schon?

Und dann, Anfang Dezember: Gegenvorschlag. 

Weisst du, das ist so etwas wie die letzte Chance für die Verliererpartei, ihren Schaden zu begrenzen. Und das ist dann auch die Gelegenheit für eine letzte grosse Pokerrunde, wo die Karten noch verdeckt sind. Die Spieler können versuchen, die letzten Unsicherheiten der Gegenseite auszureizen und vielleicht einen ganz guten Deal an Land ziehen.

Das war aber ein Bluff. Mit Kulleraugen und alles, aber ein Bluff. Und der sah so aus: Du kriegst ab 1. Dezember deine volle Mietzinsreduktion, 34.40 Franken. Und wir teilen uns die Kosten. Du zahlst deine, wir unsere, und die Gerichtskosten ganz brüderlich halbe-halbe.

Meine kurze Antwort: No Deal.

dealornodeal

Die bedingungslose Kapitulation ist die beste und billigste Option

Die lange Antwort: Die volle Mietzinsreduktion ab 1. Juli, weil auf 1. Juli ist sie geschuldet. Und ihr zahlt alle Kosten. Eure, meine, und alle Gerichtskosten. Weil: Vor Gericht kriege ich das sowieso gebogen, und ihr kommt dann eh nicht drumherum, meine Kosten übernehmen zu müssen. 

Warum so unerbittlich mit euch Plüschtieren? Wisst ihr: Es ist nicht mein Fehler, dass Kosten entstanden sind. Es ist euer Fehler, euer Tricksen, euer Bocken, euer Bluff. Ich habe ihn gecallt, weil ich Nuts habe. Euch kommts billiger als der Showdown vor Gericht. 

Eigentlich tue ich ihnen einen Gefallen, dass ich ihnen die Chance einer bedingungslosen Kapitulation anbiete.

Die Beklagten haben jetzt zwei Optionen: Brechstange oder zahlen.

Die Brechstange-Option. Wir sind schon drin, verlieren sowieso, also können wir auch mit fliegenden Fahnen untergehen. Aber der Kläger soll nochmal zumindest schwitzen, wenn nicht sogar ein bisschen bluten. 

Dieses Risiko ist immer noch da: Dass wenigstens ein klitzekleiner Anspruch auf Kostensteigerung gültig ist. Aber hey, wenn es so weit kommt und es richtig ist, dann ist es richtig. 

Ein kleiner Teilsieg ist den Immobesitzern viel zu teuer

Aber besonders viel Angst habe ich nicht. Wegen den Gesetzen? Nein. Nach dem gleichen Prinzip, warum sie es versucht haben (weil es sich meistens lohnt), müssen sie es auch lassen (weil es sich meistens lohnt). Spart euch den ganzen Aufwand, spart euch den Gang vors Gericht. Selbst, wenn ihr einen kleinen Teilsieg erreicht, wird er so teuer sein, dass er sich in zehn Jahren nicht lohnt. Für die 500 Franken gesparte Kosten und die drei Franken monatlich werdet ihr vielleicht 5000 Franken verbraten. Wollt ihr das?

Es ist befriedigend, wenn man den Spiess umkehrt. Weil bei der Scheidungsverhandlung stand ich selber vor dem Risiko: Für die paar hundert Franken Gewinn ein paar tausend Franken zahlen.

Die zweite Option ist also die, die sich für sie rechnet. Wäre ich die Pensionskasse, würde ich sagen: Okay, wir setzen dem jetzt ein Ende. Wir habens versucht, wir geben auf, elegant und grosszügig. Aber vielleicht machen wir noch einen klitzekleinen Gegen-Gegenantrag, einfach, weil verlieren schöner ist, wenn wenigstens ein klitzekleines Teilzugeständnis...

Ich bin gespannt.