Hast du die Mietzinsreduktion beantragt, weil am 3. März der Referenzzinssatz gefallen ist von 1,5 auf 1,25 Prozent? Sehr gut! Manche Vermieter jedoch wehren sich, indem sie dir eine ominöse «allgemeine Kostensteigerung» verrechnen. Das ist rechtlich nicht haltbar. Warum das so ist, und was man dagegen erfolgreich unternimmt, erzähle ich dir hier in diesem Beitrag.
Der Referenzzinssatz ist gesunken. Für die Mieten bedeutet das, dass die Nettomiete um 2,91 Prozent seit der letzten Anpassung sinken. Das sind schnell mal 30 Franken monatlich. Falls du 2017 die Mietzinsreduktion verpasst hast, dann sparst du jetzt mit einem Mietzinssenkungsbegehren noch viel mehr.
Wie berechnet der Vermieter den neuen Mietzins? Die wichtigen gesetzlichen Faktoren sind der Referenzzinssatz und die Teuerung. Der Referenzzinssatz lag 2017 bei 1,5 Prozent, jetzt neu auf 1,25 Prozent. Die Teuerung ist seit vielen Jahren in etwa unverändert geblieben und macht praktisch keinen Unterschied aus für die Berechnung.
Darum sollte die Mietzinsreduktion eigentlich überhaupt kein Problem sein. Tatsächlich habe ich für meine Wohnung in Basel, in der ich im Moment wohne, diskussionslos die ganze Reduktion zugesprochen bekommen. Da spare ich im Jahr über 400 Franken Miete.
Du bittest also deinen Vermieter in einem Brief, dass er deinen Mietvertrag bitte an den neuen Referenzzinssatz anpasst. Der Vermieter schickt dir also eine Antwort mit der Neuberechnung. Da muss er aufzeigen: Wie hoch war der Referenzzinssatz in deinem Mietvertrag bei der letzten Anpassung (oder Vertragsunterzeichnung), und wie hoch war der Teuerungs-Index. Und er weist den neuen Referenzzinssatz und Teuerungs-Index aus. Da berechnet er die Differenz und passt aufgrund dessen den Nettomietzins an. Im Bild oben siehst du ungefähr genau das, unter dem Punkt «Klare Begründung». Ausser, dass in meinem Fall ein ominöser Punkt «Allgemeine Kostensteigerung» als dritter Punkt steht.
In Solothurn versuchen es viele Vermieter mit der allgemeinen Kostensteigerung
Das darf mein Vermieter probieren – er dürfte egal welche Fantasiekosten zu erheben versuchen – aber ich muss das nicht akzeptieren. Ich muss in diesem Fall Einsprache erheben. In meinem Fall hat der Vermieter gesagt, schau, das gleicht sich in etwa aus, der tiefere Referenzzinssatz und die höheren Kosten, und wir schicken dir darum keinen neuen Vertrag, weil der Unterschied so klein ist. Aber, wie du siehst, legte er die genauen Zahlen nicht offen.
In manchen Fällen versuchen Vermieter übrigens sogar noch einiges Geld mehr zu verlangen, was natürlich den Mieter abschreckt. Das ist aber umso ungesetzlicher. In manchen anderen Fällen jedoch kontert der Vermieter mit einer nur leichten Kostensteigerung deinen tieferen Nettomietzins, so dass es dir nicht weh tut.
Die Vermieter hoffen auf zwei Effekte: Entweder, die Mieter haben keine Ahnung und akzeptieren das stillschweigend, oder die Mieter denken, och, was muss ich jetzt tun, Einsprache, das ist mir zu kompliziert/gefährlich/ungewiss.
Lass dir das nicht bieten. Es gibt so viel Hilfe und Hinweise, wie man eine Einsprache macht und auch gewinnt.
Nun: Was ist eigentlich diese allgemeine Kostensteigerung, wie wird sie berechnet, warum tut der Vermieter das, und was muss ich als Mieter tun? Die Vermieter wollen geheimnisvolle steigende Kosten irgendwie geltend machen. Nicht in den Nebenkosten verrechnet sind z.B. der Hauswart, gewisse unvorhersehbare Arbeiten, vielleicht der Garten oder die Bäume oder das Trottoir – irgendwelche undefinierten Sachen. Dafür haben Hauseigentümer in der Vergangenheit irgendwann die Idee gehabt, sie könnten die möglicherweise leicht steigenden Kosten auf die Mieterschaft abwälzen. Und um sich den administrativen Aufwand zu ersparen, den sie zu tun bräuchten, um zu belegen, dass die Kosten wirklich steigen, haben sie die findige Idee gehabt, diese Kosten mittels einer Pauschale zu ermitteln.
Im Kanton Solothurn findet man auf Vermieterseite eine Pauschale von 0,5% für angemessen. Das hat sich so eingebürgert. Möglicherweise einigte man sich auf diese 0,5 Prozent jährlich aus gemachten Erfahrungen, oder aus vernünftigen Schätzungen.
Nun, das ist sicherlich gut gemeint, aber in dreierlei Hinsicht Mumpitz, diese Kostensteigerung geltend machen zu wollen. Das haben mehrere Bundesgerichtsentscheide so festgehalten, und die Mieter haben mit ihren Einsprachen immer Recht bekommen. Selbst der Hauseigentümerverband und die Webseite www.mietrecht.ch weisen darauf hin, dass die Vermieter zwar diese Pauschale berechnen sollen, aber dass sie rechtlich nicht haltbar ist.
Drei Gründe, weshalb die «allgemeine Kostensteigerung» rechtlich nicht standhält
Es gibt drei einfache Gründe, weshalb diese allgemeine Kostensteigerung vor Gericht bisher nicht standgehalten hat und auch in Zukunft chancenlos ist. Es sind auch drei ganz vernünftige Gründe.
Grund Nummer 1: Die steigenden Kosten sind bereits in der Teuerung enthalten, also im Teuerungs-Index. Zumindest im logischen Sinn. Und die hat der Vermieter sowieso an den Mieter weiterzugeben. Die Teuerung ist übrigens in den letzten Jahren meist rückläufig, wenn auch nur ganz leicht. So auch in meinem Fall: Der Vermieter muss mir 1.70 Franken im Monat weitergeben wegen der rückläufigen Teuerung.
Grund Nummer 2: Höhere Nebenkosten kann der Vermieter nicht geltend machen, weil die schon separat verrechnet sind. In den Nebenkosten ist normalerweise Warmwasser und Heizung enthalten – akonto, in meinem Fall. Das heisst, auch hier kann der Vermieter so oder so in jedem Fall höhere Kosten mit der jährlichen Abrechnung geltend machen. Das hat nichts mit dem Netto-Mietzins oder dem Referenzzinssatz zu tun.
Grund Nummer 3: Die allgemeine Kostensteigerung, die der Vermieter geltend machen möchte, wäre eine Mietzinserhöhung. Es könnte ja tatsächlich sein, dass der Vermieter völlig unverschuldet massiv höhere Kosten hat für den Unterhalt der Mietliegenschaft. Zum Beispiel, der Gärtner, der die Anlage wunderbar in Schuss hielt, ist gestorben. Und es gibt keine auch nur annähernd so günstige Gärtner mehr. Zwar könntest du sagen, «lieber Vermieter, du hast Pech gehabt», aber in manchen Fällen ist es durchaus anständig, dass Vermieter und Mieter wenigstens zusammensitzen. Aber das kann der Vermieter jederzeit machen, unabhängig vom gesunkenen Referenzzinssatz. Wenn er das mit deinem Mietzinssenkungsbegehren in Rechnung stellt – och, was für ein Zufall! Nein, eine allgemeine Kostensteigerung ist nichts anderes als eine versuchte Mietzinserhöhung, und die muss der Vermieter auf jeden Fall genau begründen und sachdienlich belegen können, spätestens vor Gericht, weil das Gericht die Belege verlangen und auf ihre Richtigkeit hin prüfen kann.
Was tun, um sich zu wehren?
Wenn der Vermieter also den tieferen Referenzzinssatz mit der «allgemeinen Kostensteigerung» kontert, kannst du dich wehren. Zunächst sollst du das dem Vermieter mitteilen, und gleichzeitig schickst du der Schlichtungsbehörde des Kantons, wo deine Wohnung ist, deine Einsprache. Dafür hast du 30 Tage Zeit ab der Antwort des Vermieters.
Wie geht es weiter?
Möglicherweise wird die Schlichtungsbehörde die beiden Parteien, mich und die Vermieterin, einberufen, und mitteilen, dass die Pauschale zwar eine nette Idee ist, aber dass ich sie nicht akzeptieren muss. Vielleicht wird dann die Vermieterin mir gegenüber darauf beharren, in der Hoffnung, dass ich nachgebe und den Fall nicht ans Solothurner Gericht weiterziehe.
Das werde ich aber tun. Wie dann das Solothurner Gericht entscheidet, ist noch offen. Auf jeden Fall aber würde das Bundesgericht zu meinen Gunsten entscheiden, und spätestens dann muss die verlierende Partei für die Verfahrenskosten aufkommen. Die werden zwar nicht all zu hoch sein, weil die Faktenlage sehr klar ist, und darum geht so ein Fall durchaus zügig voran. Und wer rechtsschutzversichert ist, so wie ich, oder Mitglied des Mitgliederverbands, hat eh keine Kosten zu befürchten.